Werbung (bei meinen kostenlosen Anleitungen)
Obstgehölze selbst vermehren – Stecklingsvermehrung in Kisten mit Perliten
So kommt es, dass wir seit 2015 pflegeleichte Obststräucher verschenken unter der Maßgabe, sie so zu pflanzen, dass sie hinterher auf unserer Obsternte-Karte eingetragen werden und auch andere Menschen daran ernten können.
Diese Pflanzen fallen natürlich nicht vom Himmel, sondern die haben wir mal fein selbst vermehrt.
Und zwar vorzugsweise in Kisten mit Gesteinspopcorn. Und das funktioniert grundsätzlich so:
Zur Stecklingsvermehrung benutzen wir
1 durchsichtige Kiste samt Deckel,
1 Liter Wasser,
5-10 Liter Perlite,
Schildchen,
natürlich Stecklinge sowie
Gartenschere, Schere und Bleistift.
Das hat die Natur clever eingerichtet: Viele, viele Pflanzen sind in der Lage, sich durch ihre Extremitäten fortzupflanzen.
Eine Brombeerranke, die den Boden erreicht, schlägt dort recht schnell wurzeln. Durch abgeschnittene Triebe lassen sich in kurzer Zeit neue Tomaten machen. Ein abgebrochener Ast mit Erdkontakt ist ebenso im Stande, neue Wurzeln zu schlagen. Diesen Biomechanismus machen wir uns bei der Stecklingsvermehrung zu Nutze.
Zum Angeben: Der Fachoberbegriff ist vegetative Vermehrung, also neue Pflanzen durch lebende Pflanzenteile. Dabei werden Pflanzen geklont und der Genpool bleibt erhalten. Auch Veredelungen können wir als vegetative Vermehrung einsortieren. Das Gegenstück ist generative Vermehrung. Das ist die Nummer mit den Bienchen+Blüten, dem Mischen und den Samen.
Die gute Nachricht für uns Obstgärtner: Im Grunde sind alle Obstpflanzen als mehrjährige Gehölze zur vegetativen Vermehrung geeignet.
Damit eine Pflanze neue Wurzeln bildet, braucht sie Kontakt zu einem Substrat, in das sie Wurzeln schlagen kann.
So ein Stück Pflanze ohne Wurzeln hat ein ganz grundsätzliches Problem mit der Wasser- und Nährstoffversorgung. Sie braucht deshalb konstant Feuchtigkeit, damit sie nicht austrocknet. Findet eine Pflanze nur wenig Wasser und Nährstoffe, sendet sie ihre Wurzeln auf die Suche aus.
Auch diesen Drang zum Wurzelwachstum bei Wasser- und Nährstoffmangel können wir als Gärtner ausnutzen. Wir schaffen eine Mangelatmosphäre für unsere Stecklinge: Wenig Wasser, keine Nährstoffe. Wir halten sie eigentlich nur feucht, damit sie nicht vertrocknen. Das klingt irgendwie fies, aber es regt unsere Stecklinge an, so schnell wie möglich neue Wurzeln zu bilden. Und das ist schließlich Ziel der Veranstaltung.
Diese feuchte Mangelatmosphäre schaffen wir durch Perlite in durchsichtigen Kisten. Wir verwenden dafür das Billig-Modell eines schwedischen Einrichtungshauses. Wir haben nochmal nachgemessen und nachgelesen: Es passen 22 Liter hinein.
Diese Kisten füllen wir mit 5-10 Litern Perliten und etwa 1-1,5 Litern Wasser. Da wir diese Kisten grundsätzlich geschlossen halten, bleibt die Wassermenge mehr oder weniger konstant. Nachgießen ist normalerweise nicht notwendig.
Solche Perlite bekommst du im Gartenfachhandel. Das sind ultrahocherhitzte Vulkangesteinsbrocken. Durch das Erhitzen poppen diese Brocken auf. Sie bekommen ganz viele Löcher und Furchen oder anders ausgedrückt: Sie erhalten dadurch eine relativ zum Volumen große Oberfläche, wodurch sie als Wasserspeicher für Stecklinge sehr gut geeignet sind.
Als Gesteinspopcorn ist das Zeug sehr stabil. Als Substrat fällt es nicht zusammen oder klumpt. Der Vorteil für die Stecklingsvermehrung: Die jungen Pflanzen können ihre zarten Würzelchen recht leicht durchs fluffige Substrat schieben. Unsere benutzten Perlite mischen wir anschließend mit Erde und verwenden sie im Garten oder als Pflanzerde weiter.
Die Perlite kommen nährstoff- und keimfrei aus der Fabrik. Keimfrei ist uns wichtig, damit die Stecklinge in den den geschlossenen Kisten, also Mini-Treibhäusern, nicht verfaulen oder verpilzen. Nährstofffrei ist hilfreich, damit die Pflanzen schneller Wurzeln bilden.
Wie gesagt: Das ist für uns mehr oder weniger nur theoretisches Wissen, da wir nicht in Perliten leben und über keinen eigenen Vulkan verfügen, um selbst Perlite herzustellen. Die theoretischen Argumente leuchten uns trotzdem ein und die Erfahrungen und Vermehrungsergebnisse sind für unsere Vorhaben mehr als befriedigend.
Nach dem Befüllen kommen die eigentlichen Hauptdarsteller. Wir nehmen einfach abgeschnittene Triebe jener Pflanzen, die wir vermehren wollen. Diese Triebe müssen eigentlich nur ein Kriterium erfüllen: Sie müssen noch lebendig sein.
Problemlos wirst du Zeitgenossen finden, die noch zwischen Stecklingen, Steckhölzern, Kopf-, Kraut- und Knollenstecklingen unterscheiden, die nur zu bestimmten Jahreszeiten und Mondphasen in durch Jungfrauenblut geschwängerter Erde vermehrt werden dürfen. Für unsere Belange reicht es aus, während der Vegetationsperiode mehr oder weniger frische gewachsene Triebe als Stecklinge zu verwenden.
Diese Triebe werden weitgehend entblättert und kommen dann in unsere Kisten. Ein nettes Hinweisschild, um welche Pflanze beziehungsweise welche Sorte genau es sich handelt, hat schon so einige Nerven geschont.
Dort vegetieren sie vor sich hin. Die Kisten werden immer mal wieder gelüftet, um Pilzen und Fäulnis vorzubeugen. Abgestorbene, vertrocknete oder vergammelte Pflanzenteile sortieren wir aus.
Die Wartezeit geht zu Ende, wenn die Stecklinge neue Blätter austreiben. Das ist ein Zeichen für erfolgreiches Wurzelwachstum. Ein einfacher Blick von unten in die durchsichtige Kiste verrät uns, wie weit die Wurzelbildung gediehen ist. Sind ausreichend Wurzeln vorhanden, holen wir die jungen Pflanzen aus der Kiste.
Wir pflanzen sie üblicherweise in Töpfe mit relativ nährstoffarmer Erde. Schließlich wollen wir sie so bald wie möglich verschenken, um mehr Obststandorte in Leipzig zu schaffen. Gern kannst du dich unter team@erleb-bar.de um unsere handvermehrten Pflanzen bewerben.
Oder mach‘ sie eben selbst. Dabei wünschen wir dir viel Spaß und viel Erfolg. Über deine Erfahrungsberichte, Korrekturen und besseren Ideen freuen wir uns.
Berberitzen, Eberesche, Felsenbirne, Gemeine Hasel, Kornelkirsche, Mahonie, Schwarzer Holunder, Wildpflaumen, Walnuss und Zierquitte.
Werbung (bei meinen kostenlosen Anleitungen)
Wo kaufst du die Perlite Würdest du mir einen Tipp insoweit geben? Liebe Grüße aus Hamburg
Hallo Alex,
Perlite bestelle ich hurmorlos im Internet.
Sebastian
Ich habe zwei Fragen zu der Anleitung: 1. Wie oft lüftet Ihr? 2. Wie lange dauert es ungefähr, bis die Stecklinge austreiben? Vielen Dank für die tolle Anleitung und beste Grüße! – David
Hallo David,
danke für deine Nachfragen. Gelüftet habe ich die Kisten etwa alle 2-3 Tage, je nachdem, wie häufig ich im Garten war. Inzwischen stehen die Kisten an einem sehr warmen, überdachten Ort ohne Deckel: https://www.erleb-bar.de/anleitungen/obstgehoelze-selbst-vermehren-schwarze-johannisbeeren-durch-stecklinge-vermehren.
Spätestens nach 2-3 Monaten – je nach Wetter: wenn es warm ist, früher/wenn es kalt ist, später – hole ich die Stecklinge heraus und prüfe sie einzeln auf Austrieb und Wurzeln.
Liebe Grüße
Sebastian
Hallo Sebastian, vielen Dank für die schnelle Antwort! Habe in der Zwischenzeit meinen ersten Versuch gestartet und bin kläglich gescheitert. Habe alle zwei Tage ein bisschen Luft drangelassen. Aber die Stecklinge sind einer nach dem anderen abgestorben. An einigen wenigen hat sich Schimmel gebildet, die habe ich dann schnell entfernt. Werde es nun auch ohne Deckel probieren. Wie oft sollte ich dann Wasser geben? Herzliche Grüße aus dem Münsterland!
Wann ist die beste Zeit um die Stecklinge vom Baum zu schneiden? Geht das auch im zeitigen Frühjahr bevor die ersten blätter erscheinen?
Danke u. liebe Grüße Hans
Hallo Hans,
vielen Dank für deine Nachfrage. Im Sinne des Aufwand-Nutzen-Verhältnisses ist der beste Zeitpunkt für Stecklinge nach meiner Erfahrung dann, wenn sowieso Verschnitt anfällt. Je nach Zeitraum in der Vegetationsperiode bewurzeln die Stecklinge schneller oder langsamer. Du kannst also vorm Erscheinen der ersten Blätter schneiden. Ob Stecklingsvermehrung bei Bäumen sinnvoll funktioniert, ist eine andere Frage.
Liebe Grüße
Sebastian