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Obstgehölze hegen und pflegen – Spindelerziehung an einer Jostabeere
Unter dem Begriff Spindelerziehung habe folgendes Vorgehen kennengelernt: Ich reduziere ein Obstgehölz auf einen zentralen Trieb, von dem rundherum die früchtetragenden Seitentriebe abgehen. Das ist also kein mehrtriebiger Busch – wie bei vielen Johannis- und Stachelbeeren – und es gibt auch keine Leitäste – wie bei vielen richtigen Bäumen, also Äpfeln, Pflaumen und Kirschen und Co.
Die Verjüngung läuft über den Rückschnitt der Seitentriebe direkt am Stamm. Einen Stummel lasse ich dabei stehen, damit die Pflanze dort neu austreiben kann. Sicherlich wird sich für dieses Vorgehen auch ein anderer Begriff als Spindelerziehung finden.
In meinem Obstgarten beherberge ich 3 ausgesprochen wuchsfreudige Jostabeeren. Eine davon behandle ich als Spindel und ich habe sie über Jahre bei ihrer Entwicklung begleitet. Natürlich erfordert so ein Pflegekonzept in Begegnung mit der Empirie einige Anpassung. Wie diese Anpassungen aussehen können, kannst du im kommentierten Bewegtbild in Ausführlichkeit begutachten:
Wenn Beerenöbste, vor allem Johannis- und Stachelbeeren, sich selbst überlassen bleiben, wachsen sie natürlicherweise als mehrtriebiger Busch, der immer wieder direkt aus der Pflanzenbasis nachwächst. Meine Erfahrung ist so, dass Johannis- und Stachelbeeren eher selten planmäßig gepflegt werden. Die machen schließlich auch so ihr Ding und tragen irgendwie ausreichend Früchte. Als Kulturpflanzen freuen sie sich aber auch über Pflege und Verjüngung.
Vor- und Nachteile der Spindelerziehung
Ich betrachte die Spindel- als erste Alternative zur Buscherziehung. Der Busch ist näher an der natürlichen Wuchsform dran und eignet sich ebenfalls zur Verjüngung, wenn man sich traut, immer wieder alte Fruchttriebe zu entfernen. Dennoch bin ich zur Ansicht gelangt, dass die Spindelerziehung für meine Vorhaben in meinem Garten besser geeignet ist. Denn im Vergleich zum Busch…
… bietet sie mir den besseren Erntekomfort: Ich kann meistens im Stehen mit Eimer am Karabiner am Hosenbund ernten.
… trocknet der Fußbereich nach Regen schneller ab, was Pilz- und Schimmelgefahr senkt.
… fällt das Entfernen unerwünschter Begleitflora im Fußbereich leichter.
… ist ihr Platzbedarf etwas geringer, was bei kleineren Gärten besonders interessant sein kann.
… ist sie insgesamt lichter aufgebaut, das einzelne Blatt bekommt also relativ mehr Sonne ab, was sich wiederum positiv auf Gesundheit, Wachstum und Fruchtqualität auswirkt.
… fällt es mir leichter, sie durch zeitigen Rückschnitt der Seitentriebe zu verjüngen. Abgesehen vom Stamm gibt es keine alternden, krankheitsanfälligen Pflanzenteile.
Diesen letzten Effekt kann ich durch regelmäßige Pflege beim Busch ehrlicherweise noch konsequenter erreichen. Durch Rückschnitt auf die Pflanzenbasis ist es machbar, dass es überhaupt keine alternende Pflanzenteile im Busch gibt.
Drehen wir den Spieß herum, dann sind die Vorteile des Buschs, dass…
… er näher am natürlichen Wuchs von Beerenobst dran ist.
… ich ihn auch sich selbst überlassen kann und mir nicht die Verpflichtung zu regelmäßiger Pflege ans Bein binden muss.
… der Fruchtertrag meistens etwas größer ist, ziemlich sicher dann, wenn der Busch nicht verjüngt wird.
… ich ihn aber auch so pflegen kann, dass überhaupt keine älteren, krankheitsanfälligeren Triebe dauerhaft stehen bleiben.
Sommerschnitt: Kombinierte Ernte und Pflege
Grundsätzlich schneide ich die meisten meiner ausgewachsenen und etablierten Obstgehölze im Sommer in Kombination mit der Ernte. Zu diesem Zeitpunkt kann ich am besten beurteilen, wie es dem jeweiligen Lebewesen geht. Ich sehe, wo die Früchte hängen, wie der Ertrag und die Fruchtqualität sind und wie gesund das Lebewesen ist.
Der Wuchs hingegen lässt sich besser im Winter ohne Laub, dafür am besten vor Schnee begutachten. Das Fotografieren und Filmen meiner Pflanzen ist mir übrigens schon lange nicht mehr peinlich.
Der Fruchtbehang im Sommer macht es wiederum sehr leicht, diesjährige Seitentriebe ohne Früchte von früher gewachsenen Seitentrieben mit Früchten zu unterscheiden.
Beim Schneiden geht es nun darum, die Pflanze zu verjüngen. Durch Entfernen der älteren Seitentriebe werden die jüngeren Triebe gefördert. Die Ressourcen, die von der Pflanze fürs Wachstum der entfernten Triebe eingeplant waren, werden nun umgeleitet für Wachstum an anderen Pflanzenteilen, also an den jüngeren Trieben, an denen ab der kommenden Saison Früchte entstehen werden.
Der Sommerschnitt eignet sich besonders für Lebewesen, deren Wachstum ich als Gärtner etwas einbremsen will. Durch das Entfernen von Triebe gehen der Pflanze Blätter für die Fotosynthese in der Zeit nach der Ernte verloren. Sie lagert dann weniger Energie für die kommende Saison ein und wächst entsprechend weniger stark. Bei frisch gepflanzten oder kleinen Pflanzen ist der Sommerschnitt weniger geeignet.
1. Zuerst entferne ich früchtetragende Triebe. Die meisten Obstgehölze tragen ihre Früchte an den Trieben, die im Vorjahr gewachsen sind. Im Extremfall kann ich also alle früchtetragenden Triebe entfernen, wenn ausreichend diesjährig gewachsene Triebe zur Verfügung stehen. Wenn möglich, mache ich das tatsächlich.
2. Wenn nur wenig diesjähriger Nachwuchs vorhanden ist, lasse ich ältere Seitentriebe stehen. Dann entferne ich bevorzugt zu flach wachsende oder zu dicht wachsende ältere Seitentriebe.
3. Von den diesjährig gewachsenen Seitentrieben entferne ich zusätzlich dünne, kleine, schwachwüchsige, vernachlässigte oder abgestorbene Triebe und
4. auch von den diesjährig gewachsenen Seitentrieben zu flach oder zu dicht wachsende Triebe.
Letztlich dient mir diese Reihenfolge nur zur Orientierung für eine situative Entscheidung am individuellen Lebewesen. Beerenobst ist ein mittel- bis langfristiges Hobby. Das beinhaltet auch genügend Zeit, um die einzelne Pflanze kennenzulernen: Wie stark wächst sie, wie stehen die Seitentriebe, wie sind Fruchtqualität und -ertrag, wie gesund ist sie? Je besser ich sie kenne, desto bessere Entscheidungen kann ich treffen.
Wie sieht das konkret aus?
Wie die individuelle Pflege und Anpassung an die vorgefundenen Bedingungen dann aussehen kann, möchte ich an zwei Beispielen an meiner Jostabeerspindel verdeutlichen. Noch mehr konkrete Beispiele findest du im obigen Film.
Sie ist verdammt wuchsfreudig und ist in den 5 Jahren in meinem Garten zu einem kleinen Bäumchen herangewachsen. Sie bekam nur in den ersten beiden Jahren eine Stickstoffdüngung durch Hornspäne, um das vegetative Pflanzenwachstum zu fördern.
Seitdem erhält sie jährlich eine kleine Portion Beerendünger mit integrierter Mykorrhiza-Impfung, aber keine weiteren Hornspäne. Bei ihr bietet sich der Schnitt im Sommer an, um das Wachstum einzubremsen. Sie ist groß genug.
Die meisten ihrer Seitentriebe wachsen in einem 45°-Winkel und senken sich unter Fruchtlast jährlich ein wenig ab. Dieser 45°-Winkel dürfte für dieses Lebewesen ein ziemlich guter Kompromiss aus vegetativen und generativen Pflanzenwachstum sein. Solange die Seitentriebe so stehen, können sie gern auch etwas älter werden. 2017 habe ich alle früchtetragenden Seitentriebe entfernt. 2018 war der Neuaustrieb etwas geringer, so dass ich einige früchtetragende Seitentriebe im 45°-Winkel belassen habe. 2019 wiederum habe ich alle früchtetragenden Seitentriebe entfernt, abgesehen von ein paar kurzen im oberen Bereich.
Diese beiden Beispiele zeigen, wie ich im Detail vom Pflegekonzept abweichen, aber das Ziel weiterhin im Auge behalten kann. Oder anders ausgedrückt, wie ich konkret entscheide, was ich abschneide.
Ich hoffe, dir die eine oder andere Anregung zum Umgang mit Josta-, Johannis- und Stachelbeeren mitgeben zu können, und ich wünsche dir viel Spaß und Erfolg. Über deine Korrekturen, Erfahrungsberichte und besseren Ideen würde ich mich freuen.
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