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Obstgehölze hegen und pflegen – Weiße Johannisbeere als Spindel im 2. Jahr
Gleichzeitig sind die Pflanzen in unseren Gärten Individuen. Jede für sich mit einer eigenen Geschichte. Und die kann bei Obstgehölzen durchaus lang sein.
Und dann gibt’s da noch uns Gärtner, die in diesem Leben herumpfuschen, weil wir meinen, als Besitzer auch etwas zu entscheiden zu haben: Diesmal hatte ich mich im Sommer 2016 entschieden, aus Blanchette, der Urmutter der selbst vermehrten weißen Johannisbeeren, eine Spindel an Stelle eines Buschs zu machen. Das hatte auch ganz gut funktioniert, und jetzt ist es an der Zeit, die Kultivierung fortzusetzen. Beerenpflege ist schließlich keine Einjahrsfliege. Hier mein Projektbericht von 2017.
Für Schnitt und Pflege der weißen Johannisbeere nehme ich
Beerendünger mit Mykorrhiza-Impfung,
Hornspäne als Stickstofflieferant sowie
Gartenschere, Pflanzkelle und natürlich Blanchette.
Zur Wiedervorstellung war ich mit Blanchette im Frühjahr 2017 verabredet. Im März ruht sie noch und außer einem kurzen Check und der alljährlichen Fußpflege ist nicht viel zu tun. Wie fast alle meiner Obstgehölze erhält sie einen Löffel Beerendünger. In dem sind Pilzsporen, die mit der Wurzel der Pflanze eine symbiotische Beziehung eingehen sollen. Deshalb kratze ich die Wurzel etwas frei, der Dünger kommt vorzugsweise auf die offene Wurzel.
Um das grüne Pflanzenwachstum anzuregen, bekommt Blanchette außerdem einen Löffel Hornspäne. Die zersetzen sich eher langsam und versorgen die Pflanze das ganze Jahr über mit Stickstoff. Den braucht die Pflanze fürs vegetative Wachstum, also nicht für die Fruchtbildung. Und da die Blanchette noch recht jung und klein ist, liegt dort der Schwerpunkt. Wenn sie ausgewachsen ist, werde ich die Stickstoffdüngung zurückfahren.
Zum Schluss gibt’s noch eine großzügige Portion frische Komposterde auf den Fuß. Mehr ist im März nicht zu tun. Unter dieser Komposterde begraben liegen weitere Triebansätze der weißen Johannisbeere. Im März ruhen sie noch, treiben aber im Laufe der Vegetationsperiode aus. In diesem Falle sehr stark. Solche Triebe sind sozusagen ein Backup für die Spindel. Sollte sie oben Schaden nehmen, habe ich noch frischen Austrieb aus der Basis, um die Pflanze bei Bedarf renovieren zu können.
Teil der Spindelerziehung ist es, den zentralen Stamm unten herum freizuhalten, etwa bis zu einer Höhe von 50 cm. Dann erst beginnen die Seitentriebe, an denen die Früchte hängen sollen. Dafür entferne ich den frischen Austrieb aus der Pflanzenbasis immer wieder. Wann im Jahresverlauf ist eigentlich egal. Hauptsache bei trockenem Wetter, um die Pilzgefahr am Pflanzenfuß gering zu halten.
Dafür habe ich zwei Möglichkeiten: Wenn ich Triebe abschneide, bleiben Triebansätze, also schlafende Augen, erhalten und treiben später neu aus. Wenn ich Triebe abreiße, entferne ich viele dieser schlafenden Augen, der Neuaustrieb fällt geringer aus.
Durch Ausreißen oder Abschneiden kann ich also steuern, wie viel frischen Austrieb ich als Gärtner haben will. Bei der Erziehung als Busch schneide ich also eher, während ich bei der Spindelerziehung eher reiße. In diesem Falle mit viel Nachschub von unten ist Reißen das Mittel der Wahl. Ebenso reiße ich Seitentriebe unterhalb von etwa 50 cm am zentralen Stamm ab.
Die eigentliche Pflege beziehungsweise den meisten Schnitt meiner Johannisbeeren kombiniere ich am liebsten mit der Ernte. Wie die meisten Obstgehölze tragen Johannisbeeren ihre Früchte an den Trieben, die im Vorjahr gewachsen sind. Und wo die Früchte hängen, ist zur Erntezeit eben am deutlichsten zu sehen.
Ich entferne grundsätzlich alle Triebe mit Früchten und lasse diejenigen ohne Früchte stehen. Diese werden nämlich im kommenden Jahr Früchte tragen. Grundsätzlich bedeutet, dass ich nun jeden Seitentrieb einzeln entscheide: Waagerechte oder unter den Früchten überhängende kommen ab. Wächst ein Trieb etwa im 45°-Winkel nach oben, lasse ich ihn mitunter auch dann stehen, wenn er bereits Früchte getragen hat.
So versuche ich schrittweise innerhalb von 2 bis 3 Jahren in einen regelmäßigen Rhythmus von Trieben mit und ohne Früchte zu kommen, in dem ich die Pflanze immer wieder verjünge und auslichte. Dafür verzichte ich auf Fruchtertrag, gewinne aber Fruchtqualität und Pflanzengesundheit.
Im Gegensatz zum naturnahen Busch ist eine Spindel durch ihren einzelnen, zentralen Trieb übersichtlicher. Die Sorte Blanchette habe ich ausgewählt, weil sie laut Züchter besonders wuchsfreudig und damit überhaupt zur Spindelerziehung geeignet ist. Die Spindel wird also höher als ein Busch.
Ich kann daran auf Dauer bequemer und leichter ernten. Außerdem trocknet die Pflanze nach Niederschlägen schneller ab und wird im unteren Bereich weniger feucht als ein Busch. Sie hat insgesamt weniger Biomasse. Vor allem hat sie weniger Fruchttriebe. Deshalb ist Qualität der einzelnen Früchte höher.
Umgekehrt bringt eine Spindel meistens weniger Ertrag als ein Busch. Und der Pflegeaufwand ist über die Jahre höher. Vor allem muss ich als Gärtner etwas mehr Gehirnschmalz dafür verwenden – wobei das letzte Argument nichts andere heißt als: Obst ist ein Hobby mit einfachem Einstieg und unendlichem Tiefgang. Der Mehraufwand erhöht doch den Spaß am Gärtnern.
Wie ich diese Spindelerziehung an dieser weißen Johannisbeere über die Jahre umgesetzt habe, ist kein Geheimnis. Das findest du detailliert und lebensnah in der dazugehörigen Sammlung zum Pflegen, Verarbeiten und Vermehren meiner weißen Johannisbeere:
Weiße Johannisbeere zur Spindel umwandeln, Weiße Johannisbeere als Spindel im 2. Jahr, im 3. Jahr und im 4. Jahr, Spindelerziehung und Sommerpflege an einer schwarzen und einer weißen Johannisbeere, weiße Johannisbeeren durch Stecklinge vermehren, weiße Johannisbeeren ernten und verarbeiten und zuckerfreie und ungekochte Konfitüre aus weißen Johannisbeeren.
An meiner Blanchettegibt es noch eine andere Baustelle. Obstgehölze – auch oder gerade Bäume – wachsen am stärksten an den Pflanzenteilen, die am weitesten oben stehen. Wir können ihnen das Leben etwas erleichtern, wenn wir ihnen ein klares Oben verschaffen, eine eindeutige Spitze. Dort wird die Pflanze am stärksten vegetativ wachsen, aber wenig fruchten.
Blanchette hatte in ihrer frühen Kindheit einen Knacks, der dazu führte, dass sie keine eindeutige Spitze mehr hat. Das möchte ich gern reparieren. Deshalb schneide ich an der Stelle, an der der Stamm abknickt, und leite dadurch die Wuchsfreude in den davor stehenden, aufrecht wachsenden Trieb.
Zumindest theoretisch, denn geklappt hat das tatsächlich bis 2018 nicht. Diese Baustelle bleibt also weiterhin offen.
Die restlichen Früchte an der Pflanze pflücke ich anschließend natürlich ebenso ab, wie die Früchte an den entfernten Seitentrieben. Dass ich dafür mit dem Verschnitt in den Schatten gehen kann, ist Mitte Juli nicht von Nachteil. Die abgeschnittenen Triebe wandern anschließend selbstverständlich in die Vermehrungskisten.
Damit sind die Pflegemaßnahmen für meine weiße Johannisbeere als Spindel 2017 abgeschlossen: Düngen, Freistellen des Stamms, Entfernen der früchtetragenden Seitentriebe und Pflege der Spitze.
Insgesamt ist das etwas mehr Arbeit, als würde ich Blanchette als Busch wachsen lassen. Aber ich habe Freude am Gärtnern und diese Johannisbeere ist als Kulturpflanze dafür gemacht, bearbeitet zu werden. So lautet der Deal zwischen Pflanze und Gärtner.
Das Zwischenergebnis im Winter 2017/2018 ist jedenfalls eine gesunde, sehr übersichtliche Pflanze, mit gutem Ertrag und guten Früchte, vielleicht etwas klein im Wuchs und ohne eindeutige Spitze. Das Oben zu klären, wird die Aufgabe im 3. Standjahr sein.
Ich hoffe, dieser Projektbericht bringt dir die eine oder andere Anregung zum Umgang mit deinen Johannis- und Stachelbeeren. Über deine Hinweise, Korrekturen und besseren Ideen würde ich mich freuen.
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